Du, Bettina, die Leute haben gesagt…







…ein Satz, bei dem jede/r HundetrainerIn sofort voll konzentriert ist. Natürlich antworten wir gerne und diskutieren auch sachlich, was die Leute gesagt haben. Es ist ein Teil unserer Arbeit. Was aber auffällt, dass die Kunden zunehmend gestresster und teils auch verzweifelt sind, weil die Leute wieder etwas gesagt haben. Der Anspruch unserer Gesellschaft ist stark gestiegen. Der Hund muss in jeder Hinsicht perfekt sein und ich als Hundehalter muss mich in jeder Situation richtig verhalten. Unsere Mitmenschen sind nicht mehr fehlerfreundlich und enorm mitteilungs-bedürftig.

So kann es sein, dass man auf ein und demselben Spaziergang vom ersten mitteilungsbedürftigen Mitmenschen erfährt, der Hund sei zu dünn. Der nächste Mitmensch teilt einem dann inbrünstig mit, der Hund sei zu dick.
In überzeugenden Vorträgen erfährt man:


  • dass man unmöglich ohne Würgehalsband Gassi gehen sollte
  • dass beim pubertierenden Rüden nur der Alphawurf hilft
  • dass der Hund blind wird, wenn man Käseleckerlis benutzt
  • dass man sich nicht genug um den eigenen Hund kümmert
  • dass Kastration in der Mehrhundehaltung gar nicht mehr „in“ ist
  •   und vieles mehr


Es passieren auch ganz kuriose Sachen. Eine Kundin von mir trifft mit ihrer Neufundländerhündin einen Mitmenschen mit Bordercollie. Der Border hüpft permanent um die Neufundländerhündin herum und schnappt in das reichlich vorhandene Fell. Irgendwann hat die Neufundländerhündin genug und verwarnt den Bordercollie. Daraufhin nimmt der Mitmensch seine Leine und zieht sie der Neufundländerhündin über die Schnauze. Meine Kundin wird ungemütlich und bekommt zur Antwort: „ Er müsste jetzt die Hündin disziplinieren, damit nichts passiert. Seinen Bordercollie würde er nicht schlagen, dann würde ihr beider Verhältnis noch schlechter!“ Fragezeichen???

Mein persönliches Highlight ist eine eigene Erfahrung. Ich habe eine Hundeschule und mache den Job schon ein paar Tage. Nun war ich mit Vier unserer acht Hunde in der Nähe des Hundeplatzes unterwegs. Es gibt Tage, da benimmt sich meine Hündin an der Leine wie ein Stück Sch…! Von weitem näherte sich nun ein Paar mit Hund. Mir wurde rüde mitgeteilt, dass ich die Hunde anleinen soll. Eine Anweisung, der ich natürlich sofort nachgekommen bin. Nisha beschloß, dass sie einen schlechten Tag hat. Sie tobte an der Leine. Ich begann ein mantra-artiges Gebet: „Bitte, bitte geht einfach nur schnell mit Eurem Hund vorbei!“  Natürlich geschah das nicht. Souverän ruckte mein Gegenüber seinen Hund ins Platz. Dann kam es -  dieses mitleidige Lächeln und der entscheidende Satz: „ Wissen Sie da vorn ist eine sehr gute Hundeschule. Da sollten Sie mal vorbei schauen!“ Ich war sofort auf der Suche nach der versteckten Kamera und fragte dann leicht gestresst, aber freundlich mit tobendem Hund an der Leine: „ Kennen Sie die Trainerin?“ – „Ja, kennen wir sehr gut!“ Ich hatte die Leute noch nie gesehen :-). Mit besten Wünschen für den Tag schleifte ich dann meine vier Hunde weiter. Damit sind wir dann bei der Qualität der Vorträge unserer Mitmenschen. De Aussagen sind in der Regel wenig bis gar nicht fundiert!

Unsere Mitmenschen fühlen sich berechtigt uns zu unterrichten, weil:

  • sie 30 Jahre Hundeerfahrung haben
  • alle Folgen der beliebten TV- Trainer geschaut haben
  • oder an zwei Wochenenden ein Zertifikat erworben haben, auf dem Hundetrainer steht

Nehmen wir mal die Hundeerfahrung. Ist Euch schon mal aufgefallen, dass unsere Mitmenschen alle 30 Jahre Hundeerfahrung haben. Nicht 5, 17 oder 23 Jahre – nein immer 30 Jahre. Meine Lebenspartner Martin kommentiert das mittlerweile mit folgender Antwort: „Die 30 Jahre nützen nix, wenn Du Dich nicht weiterbildest!“ Yep!
Nun ist es in der Regel sinnlos mit diesen Mitmenschen zu diskutieren. Aber wie werden wir sie los? Für mich ist es definitiv an der Zeit, diese nervigen Zeiträuber zu stoppen. Es ist unsere wertvolle Lebenszeit.

Wie wäre es, wenn wir alle mal anfangen diese Mitmenschen liebevoll und positiv verstärkt zu verschicken? Möglich wäre z.B. folgender Satz: „Wissen Sie, dass ist jetzt die Zeit, die ich ausschließlich für mich und meinen Hund reserviert habe. Deshalb kann ich Ihnen jetzt nicht zuhören! Machen Sie doch auch etwas Schönes mit Ihrem Hund! Schönen Tag!“

Der Blick der Menschen ist unbezahlbar. Bei manchen Mitmenschen  reicht das aber nicht. Hier hilft nur eine klare Kommunikation. Knappe, klare Anweisungen ohne Bitte oder Danke unterstützt mit einer deutlichen Handbewegung. Von einer Kundin habe ich gelernt, dass das bei Flugzeugevakuierungen genauso gehandhabt wird. Also ein deutlich Wortwahl wie: „Einfach zügig vorbeigehen!“ und in die entsprechende Richtung zeigen, hilft auch bei diesen Mitmenschen. Der Ton ist energisch und sollte keine Zweifel mehr offen lassen, dass wir das so meinen. Möglicherweise erwerbt Ihr so den Ruf dominant zu sein :-).

Ich würde mir wünschen, dass wir alle sofort damit anfangen. Es kann nicht sein, dass unsere Mitmenschen uns so, unsere gemeinsame Zeit mit Hund stehlen und /oder vermiesen. Und bitte liebe Hundemenschen, die Ihr Opfer solcher Mitmenschen werdet, denkt nicht so lange über solche Vorträge nach und quält Euch mit diesen Gedanken! Auch das Internet ist nicht wirklich eine Lösung, dort findet Ihr alles. Die Internetsuche ist in diesen Fällen meist verschwendete Zeit, die Ihr besser mit Eurem Partner, Eurer Familie oder Euren Tieren verbringt. Gibt man nämlich bei Google mal „Hautrötung“ ein, kann man von Pickel, über Allergie bis Hautkrebs alles finden. Genauso ist es mit Hundefragen.

Ich freue mich auf viele Mitstreiter in dieser Sache! Einen schönen Tag!


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